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Reform des Sicherheitsrates - Fragen und Antworten

Wie setzt sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zusammen?

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat gegenwärtig 15 Sitze. Fünf davon werden von den ständigen Mitgliedern China, Frankreich, Großbritannien, USA und Russland eingenommen. Auf den übrigen zehn sitzen nichtständige Mitglieder, die nach einem bestimmten Regionalschlüssel jeweils für zwei Jahre von der Generalversammlung gewählt werden. Deutschland hatte zuletzt 2003 und 2004 einen nichtständigen Sitz inne. Bei der Verabschiedung der Charta der Vereinten Nationen im Jahr 1945 hatte der Sicherheitsrat neben den fünf ständigen nur sechs nichtständige, insgesamt also elf Sitze. 1965 wurde eine Reform angenommen, die vier zusätzliche nichtständige Sitze einrichtete.

Warum muss der Sicherheitsrat reformiert werden?

  • Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist das zentrale Organ der Internationalen Staatengemeinschaft für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Er fasst Beschlüsse (sogenannte Resolutionen), die – anders als die der Generalversammlung – für alle Mitgliedsstaaten bindend sind. Er kann damit auch in die Souveränität der Staaten eingreifen, z.B. durch die Entsendung von Friedenstruppen oder die Verhängung von Sanktionen.
  • Es ist wichtig und richtig, dass der Sicherheitsrat diese Vollmachten hat. Aber damit seine Resolutionen von allen Staaten respektiert und befolgt werden, muss er repräsentativ zusammengesetzt sein - ähnlich, wie ein Parlament repräsentativ zusammengesetzt sein muss, damit seine Beschlüsse von allen respektiert werden. Und schließlich müssen die Mittel zur Verfügung stehen, um seine Resolutionen wirksam umzusetzen. Nur so erreichen wir einen effektiven Multilateralismus.
  • Der Sicherheitsrat ist jedoch bereits 1945 geschaffen und 1965 das bisher einzige Mal reformiert worden. Er ist daher in seiner jetzigen Form nicht mehr repräsentativ für eine Welt, in der seit 1945 140 Staaten neue Mitglieder der Vereinten Nationen geworden sind, die im Gegensatz zu 1965 nicht mehr durch den Ost-West-Konflikt geteilt ist, und in der Regionen wie Afrika, Lateinamerika und Asien eine ganz andere Rolle spielen als damals. Daher fordern vor allem die Staaten des Südens, dass die Zusammensetzung des Sicherheitsrats den neuen Realitäten angepasst werden muss. Und daher hat sich Deutschland auch mit Japan und zwei Partnern aus den Staaten des Südens, Brasilien und Indien, zu einer Gruppe zusammengeschlossen, um gemeinsam die Reform des Sicherheitsrats zu betreiben. Diese Gruppe ist offen zur Aufnahme von zwei afrikanischen Kandidaten.
  • Zu den neuen Realitäten gehört nicht nur, dass die meisten der im Sicherheitsrats behandelten Konflikte in Entwicklungsländern stattfinden, sondern auch dass Staaten des Südens heute die größten Truppensteller für Friedensmissionen der Vereinten Nationen sind und immer wieder wichtige diplomatische Beiträge zur Konfliktbeilegung leisten. Die Zusammensetzung des Sicherheitsrats, in dem heute in erster Linie Staaten des Nordens auf ständigen Sitzen über Konflikte im Süden entscheiden, muss geändert werden. Deshalb fordert auch die Bundesregierung ständige Sitze für Staaten des Südens, denn nur so werden sie die Sache des Sicherheitsrats zu ihrer eigenen machen.

Warum will Deutschland einen ständigen Sitz?

  • Deutschland setzt sich – wie eine Vielzahl von Ländern – für eine Stärkung des Multilateralismus unter dem Dach der Vereinten Nationen ein. Diese ist nur durch eine umfassende und durchgreifende Reform zu erreichen. Die Bundesregierung strebt eine Reform des Sicherheitsrats mit einem ständigen Sitz für Deutschland als Teil einer solchen umfassenden Reform an. Sie engagiert sich auch für andere Reformschritte.
  • Die Rolle Deutschlands hat sich gegenüber 1945 grundlegend geändert. Aus dem "Feindstaat" von 1945 und dem Beitrittsland von 1973 ist – insbesondere seit der Vereinigung – einer der engagiertesten Vertreter eines effektiven Multilateralismus unter dem Dach der Vereinten Nationen geworden. Diese Rolle Deutschlands gehört zu den neuen Realitäten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Daher wird Deutschland auch seit dem Beginn der Reformdiskussion von den meisten anderen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen immer wieder als natürlicher Kandidat für einen ständigen Sitz genannt.
  • Deutschland leistet wichtige Beiträge zur Arbeit der Vereinten Nationen. Es ist nicht nur drittgrößter Beitragszahler, sondern trägt auch auf andere Weise viel zur Verwirklichung der grundlegenden Ziele der Vereinten Nationen bei - durch die Entsendung von Truppen für internationale Friedensmissionen, durch die Mittel, die es für die internationale Entwicklungszusammenarbeit, nachhaltige Entwicklung und humanitäre Hilfe zur Verfügung stellt und durch sein Eintreten für den Schutz der Menschenrechte in allen Staaten der Welt.
  • Auf einem ständigen Sitz könnte Deutschland seine in die europäische Außen- und Sicherheitspolitik eingebettete Friedens- und Stabilitätspolitik dauerhafter, wirksamer, und nachhaltiger vertreten.

Wäre Europa mit einem weiteren ständigen Sitz nicht überrepräsentiert?

  • Die Charta der Vereinten Nationen legt in ihrem Artikel 23 eindeutig fest, dass vor allem solche Staaten dem Sicherheitsrat angehören sollen, die die Arbeit der Vereinten Nationen am meisten unterstützen. Erst an zweiter Stelle fordert sie eine geographisch ausgewogene Vertretung im Sicherheitsrat.
  • Europa, und insbesondere die EU, gehört zu den stärksten Stützen der Vereinten Nationen: Die Staaten der EU finanzieren zusammengenommen fast 37% des Haushalts der Vereinten Nationen, sie stellen derzeit seit mehreren Jahren durchgängig etwa 50.000 Mann Truppen für internationale Friedensmissionen und sie geben ca. 50% der Mittel für die weltweite Entwicklungszusammenarbeit.
  • Eine Reform, wie sie von der Bundesregierung gefordert wird, würde den Sitzanteil der EU aber noch nicht einmal erhöhen: Bisher war sie mit vier bis fünf Staaten im Sicherheitsrat vertreten - den beiden ständigen Mitgliedern Frankreich und Großbritannien sowie zwei bis drei nichtständigen Mitgliedern, die alle zwei Jahre wechseln. Nach der Reform nähmen sie wahrscheinlich sechs oder sieben von dann 24 oder 25 Sitzen ein. Das wäre keine Zu-, sondern sogar eine leichte Abnahme auf weniger als ein Drittel der Sitze.

Warum fordert die Bundesregierung nicht einen ständigen Sitz für die EU?

  • Die Bundesregierung ist sich mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Mehrheit der Mitgliedsstaaten einig, dass die Reform des Sicherheitsrats bald entschieden werden muss.
  • Gegenwärtig ist die EU aber noch nicht in der Lage, einen Sitz einzunehmen: Zum einen ist die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU noch nicht so weit entwickelt, dass die Mitgliedsstaaten in allen Fragen mit einer Stimme sprechen; zum anderen sind zwei EU-Mitgliedstaaten, Großbritannien und Frankreich, derzeit nicht bereit, auf ihre ständigen Sitze zugunsten eines EU-Sitzes zu verzichten.
  • Außerdem können bisher nur Staaten, nicht aber internationale Organisationen wie die EU Mitglieder der Vereinten Nationen werden. Wollte man die Charta der Vereinten Nationen in diesem Punkt ändern, so würde sich die fast unlösbare Frage stellen, welche der zahlreichen anderen internationalen Organisationen sonst noch Sitz und Mitgliedschaft erwerben können.
  • Diese Hindernisse werden hoffentlich in überschaubarer Zukunft überwunden sein. Bei der Diskussion über die Reform des Sicherheitsrats besteht weitgehende Übereinstimmung, dass diese Reform zu gegebener Zeit wieder einmal überprüft werden sollte. Im Zuge einer solchen Überprüfung wird dann auch die Möglichkeit eines gemeinsamen europäischen Sitzes erneut zur Diskussion stehen.
  • Bis es so weit ist, würde Deutschland auf einem ständigen Sitz wie bisher ein guter Europäer sein und die gemeinsamen europäischen Positionen vertreten. Deutschland hat außerdem einen Konsultationsprozess mit seinen europäischen Partnern über eine Europa-freundliche Ausgestaltung eines etwaigen zukünftigen ständigen Sitzes begonnen. Und bei realistischer Betrachtung muss man auch sehen, dass unter den heutigen Bedingungen die europäischen Positionen im Sicherheitsrat umso mehr Chancen haben, je mehr Mitglieder sie vertreten.

Kann die Reform des Sicherheitsrats durch ein Veto verhindert werden?

Eine Reform des Sicherheitsrats erfordert eine Änderung der Charta der Vereinten Nationen. Das Verfahren, das eine solche Änderung herbeiführt, ist in Artikel 108 der VN-Charta geregelt. Daraus ergibt sich, dass eine Reform des Sicherheitsrats zwei Schritte und etwas Zeit erfordert:

Erster Schritt: Die Generalversammlung, in der alle 191 Mitgliedsstaaten je eine Stimme haben, muss die Reform mit Zweidrittelmehrheit (also mindestens 128 Staaten) beschließen.

Zweiter Schritt: Damit wird die Charta der Vereinten Nationen, die ein völkerrechtlicher Vertrag ist, geändert. Änderungen völkerrechtlicher Verträge müssen durch die Parlamente der Mitgliedstaaten bestätigt (man sagt auch: ratifiziert) werden, indem ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Dies hat bei der bisher einzigen Erweiterung des Sicherheitsrats etwa anderthalb Jahre gedauert. Die Charta der Vereinten Nationen fordert, dass Änderungen ihrer Bestimmungen durch mindestens zwei Drittel ihrer Mitglieder (also wiederum 128 Staaten) bestätigt bzw. ratifiziert werden. Entscheidend bei diesem Schritt ist: Alle der fünf gegenwärtigen ständigen Mitglieder müssen ratifizieren. Kurz gesagt: Im ersten Schritt gibt es kein Veto, im zweiten Schritt könnten die Parlamente der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats das Inkrafttreten der Änderung der Charta durch Nichtratifizierung verhindern.

Wichtig ist dabei: Die ständigen Mitglieder können sich im zweiten Schritt auch anders entscheiden als im ersten. Sie können also ratifizieren, obwohl sie bei der Abstimmung in der Generalversammlung gegen die Erweiterung des Sicherheitsrats gestimmt oder sich enthalten haben. Ein Beispiel dafür war die Erweiterung des Sicherheitsrats um vier nichtständige Mitglieder 1963: Nur ein ständiges Mitglied hatte damals mit "Ja" gestimmt - aber 1965, gerade einmal anderthalb Jahre später, hatten alle fünf die Charta-Änderung ratifiziert. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass auch diesmal alle fünf ständigen Mitglieder der Reform letztlich zustimmen können werden.

Sollen neue ständige Mitglieder auch das Vetorecht bekommen?

  • Viele Staaten sehen in dem Veto einen Anachronismus, der in einem zunehmend demokratischen Zeitalter keinen Platz mehr hat. Dazu kommt, dass das Veto letztlich ein unkonstruktives Element ist, das nur eingesetzt wird, um Beschlüsse zu blockieren.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder hat für die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass Ausgangspunkt für die Verhandlungen die Charta der Vereinten Nationen sein muss, die ständigen Mitgliedern nun einmal das Veto-Recht gibt.
  • Für die Bundesregierung ist das Vetorecht kein Selbstzweck. Sie versteht den Sicherheitsrats als Handlungs- und nicht als Verhinderungsgemeinschaft. Es ist daher schwierig, sich eine Situation vorzustellen, in der die Bundesregierung auf einem ständigen Sitz ein Veto einlegen würde.

Stand 02.11.2005

Zusatzinformationen:

Links zum Thema

Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - die deutsche Position

Die Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bleibt ein Kernanliegen der Bundesregierung. Eine Reform der Vereinten Nationen ohne eine Anpassung des Rates an die geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhundert bliebe unvollständig. Solange wesentliche Regionen und Beitragsleister zum System der Vereinten Nationen nicht adäquat vertreten sind, läuft der Sicherheitsrat Gefahr, an Legitimität und Autorität zu verlieren.

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