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Afghanistan
Beziehungen zwischen Afghanistan und Deutschland

Stand: Mai 2006

Politische Beziehungen

Die deutsch-afghanischen Beziehungen haben eine lange und positive Geschichte. Deutschland bietet fast 90.000 Menschen afghanischer Abstammung eine zweite Heimat - mehr als jedes andere Land Europas.

Die deutsche Botschaft in Kabul war seit 1989 nicht mehr operativ tätig. Sie wurde Anfang Dezember 2001 zunächst als "Deutsches Verbindungsbüro" wiedereröffnet. Der seit dem 9. Januar 2002 offiziell akkreditierte deutsche Botschafter hat als erster ausländischer Missionschef der Übergangsadministration sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Er unterhält enge Kontakte zur Regierung und betreut Projekte der deutschen humanitären Hilfe und des Wiederaufbaus.

Auf der Basis des Bundestagsbeschlusses vom 24.10.2003 hat Deutschland sein Engagement in Afghanistan weiter verstärkt und im Herbst 2003 zwei Außenstellen der Botschaft Kabul in Kundus und Herat eingerichtet. In der Region Kundus hat Deutschland seit November 2003 ein regionales Wiederaufbauteam mit einer militärischen Komponente unter dem Mandat der internationalen Schutztruppe ISAF aufgebaut, in dem mittlerweile ca. 250 Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Vertreter des Auswärtigen Amtes, Bundesinnenministeriums und des Bundesentwicklungshilfeministeriums tätig sind, um den Wiederaufbau in der Region voranzutreiben, die politische Stabilität zu fördern und die Rolle der Zentralregierung zu stärken. In der zivilen Komponente des Wiederaufbauteams in Kundus sind auch slowakische und amerikanische Kollegen integriert. Seit Oktober 2004 führt Deutschland in Faisabad, Provinz Badachshan, ein weiteres PRT (Provincial Reconstruction Team), an dem bis zu 160 deutsche, dänische und tschechische Soldaten sowie mehrere Diplomaten aus Deutschland, Kroatien, Dänemark, Großbritannien und den USA eingesetzt sind.

Diplomatische Beziehungen in den Jahren 1989 bis 2001

Die diplomatischen Beziehungen zu Afghanistan haben auch zwischen 1989 und 2001 fortbestanden. Sie wurden jedoch nicht gegenüber dem Taliban-Regime, sondern gegenüber der Regierung des "Islamischen Staates von Afghanistan" (Nordallianz) wahrgenommen, die auch bei den Vereinten Nationen das Land repräsentierte. Die seit dem 22.12.2001 im Amt befindliche Übergangsregierung wird in Berlin seit Ende August 2002 wieder durch einen Botschafter vertreten.

Bemühungen der Bundesregierung um die Beendigung des Bürgerkriegs

Deutschland war auch während des afghanischen Bürgerkriegs mit allen Konfliktparteien im Gespräch. Die Bundesregierung hat die Bemühungen der Vereinten Nationen zur Lösung des Konflikts nachhaltig unterstützt. Seit 1994 leistete Deutschland einen wesentlichen Beitrag zur Formulierung der jährlich von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Resolutionen zur politischen und humanitären Situation in Afghanistan. Die VN-Mission in Afghanistan (UNSMA) wurde von Juli 1996 bis Ende 1997 von einem Angehörigen des Auswärtigen Amts, Dr. Holl, als "Special Representative of the Secretary General" geleitet. Die VN-Resolution 55/243, die die Zerstörung von Kulturgütern durch das Taliban-Regime verurteilte, wurde von Deutschland initiiert und mit großer Mehrheit durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet.

Internationale Afghanistan-Konferenzen auf dem Petersberg; Berliner Konferenz; Internationale Polizeikonferenz Doha I und II; Londoner Konferenz

Nach dem Fall des Taliban-Regimes im Herbst 2001 fand auf dem Petersberg bei Königswinter auf Einladung der Bundesregierung die Afghanistan-Konferenz "UN Talks on Afghanistan" (27.11.–05.12.2001) statt. Die Verhandlungen führten am 05.12.2001 zu einer Einigung über die künftige Regierungsbildung im Land und zur Benennung der Mitglieder der Interimsadministration. Im Dezember 2002 tagte eine weitere Konferenz auf dem Petersberg, Petersberg II, die die Vorstellungen der afghanischen Zivilgesellschaft über die politische Zukunft Afghanistans zu formulieren suchte.

Auf der Berliner Konferenz (31.03.-01.04.2004) bekräftigte die Internationale Gemeinschaft ihr Engagement für Afghanistan für die kommenden Jahre. Zusammengekommen waren 65 Delegationen, um gemeinsam mit der afghanischen Regierung über die politische und wirtschaftliche Perspektive des Landes zu beraten. Die Berliner Erklärung als Abschlusskommuniqué beschreibt die Vision des künftigen Afghanistan. Die Internationale Gemeinschaft machte Zusagen von insgesamt 8,2 Mrd. USD für die Jahre 2004-2006. Deutschland stellte 320 Mio. Euro für den Zeitraum 2005-2008 in Aussicht.

Vom 18.-19.05.2004 fand in Doha unter dem Vorsitz Deutschlands, Afghanistans und der Vereinten Nationen sowie unter der Gastgeberschaft von Katar eine Konferenz zur regionalen polizeilichen Zusammenarbeit statt (Doha I), an der die Anrainerstaaten Afghanistans und zahlreiche Geberländer teilnahmen. Ziel der Konferenz war die Verbesserung der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit. Deutschland übernahm die Führung für den Polizeiaufbau im Rahmen der internationalen Unterstützung für die Reform des afghanischen Sicherheitssektors. Vom 27.-28.02.2006 fand eine Folgekonferenz (Doha II) statt.Auf der Londoner Konferenz (31.01.-01.02.2006) wurden neben den Zusagen über Finanzmittel von zunächst 10,5 Mrd. USD bis 2010 (weitere Mittel werden aufgrund der Jährlichkeit vieler Geberhaushalte mit Sicherheit in den kommenden Jahren zugesagt) der Afghanistan Compact und die Afghan National Development Strategy (ANDS) sowie das afghanische „Interim Poverty Reduction Strategy Paper“ verabschiedet bzw. vorgestellt. Diese Dokumente werden als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit sowohl im politischen, als auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit dienen. Die beiden Dokumente wurden in einem gemeinschaftlichen Prozess von der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft in Kabul erarbeitet.

Entsendung deutscher Streitkräfte nach Afghanistan

Am 22. Dezember 2001 stimmte der Deutsche Bundestag der Entsendung deutscher Streitkräfte zur Umsetzung der Resolution 1386 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen mit großer Mehrheit zu. Es wurde die "International Security Assistance Force" (ISAF) in die Region Kabul entsandt. Deutschland hatte zusammen mit den Niederlanden die Führung von ISAF III von Februar bis August 2003 inne .Seither führt die NATO mit unterschiedlichen Lead-Nationen die ISAF-Schutztruppe. Das zur Zeit im Einsatz befindliche ISAF VII Kontingent ist ca. 8300 Mann stark und setzt sich aus mehr als 30 Nationen zusammen. Derzeit führt ein türkischer General den multinational besetzten NATO-Stab. Im August 2005 – wird Italien die Lead-Funktion übernehmen.

Deutschland ist mit bis zu 2250 Mann insgesamt unverändert der größte Truppensteller der ISAF-Truppe, die sich auf das Hauptquartier ISAF, die "Kabul Multinational Brigade", den Kabul International Airport und die "Forward Support Base" in Termez (Usbekistan) verteilt.

In den Nordost-Provinzen unterstützt Deutschland durch zwei "Provincial Reconstruction Teams" (PRT) in Kunduz und Feisabad die Gewährleistung der Sicherheit und den dringend notwendigen Wiederaufbau.

Im Rahmen der Übernahme von Verantwortung für den Westteil des Landes durch ISAF ist für die Teile der deutschen Truppe eine Umverteilung aus Kabul in den Nordwesten angedacht.

Das mit der VN-Sicherheitsratsresolution 1510 vom 13. Oktober 2003 übernommene Mandat für ISAF wurde alljährlich um jeweils weitere zwölf Monate verlängert. Gleiches gilt für den nachfolgend erforderlichen Bundestagsbeschluss.

Die gefährdete Sicherheit und die Notwendigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung dürften noch auf längere Zeit internationales finanzielles Engagement und die Stationierung von ausländischen Truppen in Afghanistan erforderlich machen.

Deutsches Engagement für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan war mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen im Jahr 1979 eingestellt worden. Seitdem hatte sich Deutschland auf die Leistung humanitärer Hilfe beschränkt. Nach dem Fall des Taliban-Regimes steht nun der Wiederaufbau des Landes im Mittelpunkt. Der ehemalige Bundesaußenminister Fischer benannte als Schwerpunkte der deutschen Wiederaufbaubemühungen den Aufbau und die Beratung von politischen Institutionen, die Wiederherstellung von Bildungseinrichtungen und die Einbeziehung von Frauen und Mädchen in den Aufbau der afghanischen Zivilgesellschaft. Schwerpunkte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit Afghanistan sind die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Privatwirtschaft und marktwirtschaftlichen Strukturen, die Rehabilitierung des Energiesektors mit Fokus auf erneuerbare Energien, die Gewährleistung städtischer Trinkwasserversorgung und, seit 2005, auf Wunsch der afghanischen Regierung, die Förderung der Grundbildung mit Fokus auf Lehrerausbildung. Hierfür wurden für die Jahre 2005–2007 Sondermittel bereitgestellt. Auf der Geberkonferenz in Tokio im Januar 2002, hatte die Bundesregierung Wiederaufbauhilfe für Afghanistan in Höhe von 340 Mio. EUR bis 2005 zugesagt. Dieser Betrag war bereits bis Ende 2004 vollständig ausgegeben worden. Auf der Berliner Konferenz im März/April 2004 wurden weitere 80 Mio. EUR pro Jahr für 2005–2008 zugesagt. Diese Zusage wurde auf der Londoner Konferenz im Januar/Februar 2006 für weitere zwei Jahre verlängert, d.h. um zusätzliche 160 Mio. EUR für die Jahre 2009-2010.Insgesamt wird Deutschland von 2001 bis 2010 über 1 Mrd. EUR in Afghanistan investiert haben. Hinzu kommt ein Betrag in ähnlicher Größenordnung, der in demselben Zeitraum über die regulären Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank, der Vereinten Nationen und der Europäischen Kommission von deutschen Steuerzahlern zur Verfügung gestellt wird.

Führungsrolle Deutschlands beim Wiederaufbau der afghanischen Polizei

Deutschland hat auf Wunsch der afghanischen Übergangsregierung und der Vereinten Nationen die Führungsrolle beim Wiederaufbau der nationalen Polizei in Afghanistan übernommen. Neben der Vermittlung und Koordinierung finanzieller Ressourcen von internationalen Partnern beinhaltet die deutsche Arbeit sowohl die organisatorische Beratung des afghanischen Innenministeriums beim Erstellen einer neuen Polizeistruktur wie auch die Unterstützung und Durchführung konkreter Projekte vor Ort. Das eigens dafür eingerichtete deutsche Projektbüro in Kabul befasst sich vor allem mit der Rekrutierung, Ausbildung und Ausrüstung afghanischer Polizeibeamter, mit der Renovierung und dem Neubau entsprechender Gebäude. Für die politische Koordinierung des deutschen Beitrags zur Sicherheitssektorreform wurde im Herbst 2003 ein Koordinator im Rang eines Botschafters entsandt. Die durch das Technische Hilfswerk neu errichtete Polizeiakademie in Kabul konnte im August 2002 den Ausbildungsbetrieb für 1600 Polizeioffiziere wieder aufnehmen und bis Anfang 2004 der Regierung bereits 2624 Absolventen zur Verfügung stellen. Für die Ausbildung der Beamten des einfachen Dienstes sorgen im Einvernehmen mit dem deutschen Projektbüro die USA. Fortschritte sind auch beim Aufbau einer Drogenbekämpfungseinheit, der Kriminalpolizei, des polizeilichen Gesundheitssystems sowie der Verkehrspolizei in Kabul zu verzeichnen. Um das negative Bild der Polizei in der afghanischen Bevölkerung zu verbessern und ein professionelles Verhalten der neuen Polizeikräfte sicherzustellen, nimmt die Vermittlung von Grund- und Menschenrechten im Ausbildungsprozess einen besonderen Stellenwert ein. An der Akademie werden auch Frauen für den Polizeidienst ausgebildet.

Die schrittweise Umsetzung dieser Pläne wird, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Inneren, vom Auswärtigen Amt koordiniert. Als deutscher finanzieller Beitrag standen 2002 und 2003 zusammen 33 Mio. EUR zur Verfügung. Für die Zeit bis 2007 sollen insgesamt weitere 48 Mio. EUR bereitgestellt werden. In dieser Zeit stehen neben dem weiteren Ausbau des polizeilichen Aus- und Fortbildungssystems die Konsolidierung der Arbeit in den wieder aufgebauten Zentralinstitutionen in Kabul, ihre kommunikative Vernetzung und die Ausstattung der Polizeikräfte in den 34 Provinzen mit Gebäuden, Fahrzeugen und dienstlichem Gerät im Mittelpunkt des deutschen Engagements. Zu den dringendsten Aufgaben gehören der schon begonnene Aufbau der Grenzpolizei und – damit eng verbunden – die Ausbildung und Ausstattung einer effizienten Anti-Drogen-Polizei. Deutsche Polizeiberater sind seit 2004 auch in den deutschen Außenstellen der Botschaft Kabul in Kunduz und Herat zur Unterstützung des Wiederaufbaus der afghanischen Polizei im Einsatz. Seit März 2005 sind zwei Polizeibeamte als Berater an die Außenstelle Feisabad entsandt.

Kulturelle Beziehungen

Bei der Wiederaufnahme der kulturellen Beziehungen im Jahre 2002 konnte auf ein gewachsenes Netz von engagierten Deutschen und Afghanen zurückgegriffen und die traditionelle Zusammenarbeit zwischen Schulen, Universitäten und anderen Kultureinrichtungen wieder belebt werden. Mit einem jährlichen Volumen von 8,8 Mio. EUR leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Wiederaufbau in Afghanistan. Mit diesen Mitteln werden unter anderem die bauliche und fachliche Rehabilitierung von Schulen – darunter der 1924 gegründeten Amani-Oberschule , sowie der akademische Wiederaufbau afghanischer Hochschulen auf der Basis deutsch-afghanischer Hochschulkooperationen gefördert. Das Goethe-Institut ist ebenso wie der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) in Kabul vertreten. Das Goethe-Institut ist u.a. in der Spracharbeit und der Lehrerfortbildung tätig und engagiert sich in der kulturellen Zusammenarbeit insbesondere in den Bereichen Theater, Film und Fotographie. Außerdem fördert das Auswärtige Amt die Rehabilitierung von kulturhistorischen Denkmälern in Kabul, Bamiyan und Herat und unterstützt den Wiederaufbau des afghanischen Sportwesens mit Schwerpunktförderung des Fußballsports. Im Medienbereich ist vor allem die Deutsche Welle aktiv. Sie liefert täglich einen 10-Minuten-Nachrichtenblock in Dari und Paschtu an den afghanischen Staatssender, betreibt Ausbildung und leistet technische Hilfe.



Hinweis

Dieser Text stellt eine Basisinformation dar. Er wird routinemäßig aktualisiert. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. 

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Einsatz zur Sicherheit auf den Straßen

Das Petersberg-Abkommen von 2001, die Berliner Afghanistan-Konferenz 2004 und die Afghanistan-Konferenz in London 2006 bilden das Fundament für das Engagement Deutschlands in Afghanistan. Auf Grundlage von Bundestagsbeschlüssen wurden neben der diplomatischen Vertretung in Kabul auch deutsche Soldaten und Diplomaten in sogenannten regionalen Wiederaufbauteams in Kundus und Faisabad sowie beim Regionalkommando Mazar-e-Sharif in Afghanistan eingesetzt.

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