Was wählt man eigentlich mit der Erst- und was mit der Zweitstimme? Und wie ist das mit den Überhangmandaten? In unserem Bundestagswahl-Lexikon haben wir einmal die wichtigsten Fragen rund um den Urnengang zusammengetragen.
A wie Aktives Wahlrecht:
Das haben deutsche Staatsbürger ab 18 Jahren, die seit mindestens drei Monaten in Deutschland leben. Mit ihren beiden Stimmen entscheiden sie über die Sitzverteilung im Bundestag. Unter bestimmten Bedingungen können auch Deutsche mit Wohnsitz im Ausland wählen.
B wie Briefwahl:
Jeder Wahlberechtigte, der einen Antrag stellt, darf per Brief abstimmen. Bei der Wahl 2013 gaben knapp 24 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme per Briefwahl ab, 21 Prozent waren es 2009.
C wie Chatten:
Der Online-Wahlkampf gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Nach der US-Präsidentschaftswahl 2016, in der Donald Trump gewann, wurde diskutiert, inwiefern man über das Verhalten in Sozialen Netzwerken das Wahlverhalten der Bürger vorhersehen kann. Die Agentur "Cambridge Analytica" machte Schlagzeilen damit, dass sie anhand weniger Likes vorhersagen könne, wem ein Bürger seine Stimme gebe. In Deutschland wollen sich alle Parteien verpflichten, im Wahlkampf auf manipulative Methoden im Netz zu verzichten. Wahlkampf-Apps sind der neue Trend. Sie kamen im NRW-Landtagswahlkampf etwa bei der CDU schon zum Einsatz.
D wie Direktmandat:
Wer in einem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhält, wird Abgeordneter. Siehe "Erststimme".
E wie Erststimme:
Mit ihr wird der Direktbewerber in einem Wahlkreis gewählt. Dabei genügt eine relative Mehrheit. Die siegreichen Direktkandidaten werden bei der Sitzverteilung als erste berücksichtigt. Für die Stärke der Parteien ist das Zweitstimmenergebnis ausschlaggebend. Die freien Mandate werden mit der Liste aufgefüllt, die eine Partei vor der Wahl festlegt.
F wie Fünf-Prozent-Hürde:
Sie soll für klare Verhältnisse im Bundestag sorgen. Nur Parteien, die bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, werden bei der Verteilung der Sitze berücksichtigt. Alle anderen gehen leer aus. Bei mindestens drei gewonnenen Direktmandaten ziehen auch Parteien ins Parlament ein, die unter fünf Prozent der Zweitstimmen geblieben sind.
G wie Gültigkeit der Wahl:
Wenn der Bundeswahlleiter und seine Länderkollegen festgestellt haben, dass alles nach Recht und Gesetz abgelaufen ist, erklärt der Bundestag die Wahl für gültig. Bei Anfechtungen wegen grober Fehler kann sie ganz oder teilweise annulliert werden. Eine noch so geringe Wahlbeteiligung ist dafür kein Grund. Es gibt schließlich keine Wahlpflicht in Deutschland.
H wie Hochrechnung:
Nach Schließung der Wahllokale gibt sie erste Erkenntnisse über das Wahlergebnis. Dabei werden Daten von ausgewählten Stimmbezirken fortgeschrieben, die zusammen ein repräsentatives Bild ergeben. Die letzten Hochrechnungen weichen nur minimal vom Endergebnis ab.
I wie Immunität:
"Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden". So ist der Schutz der Parlamentarier im Grundgesetz geregelt. Wenn der Abgeordnete auf frischer Tat ertappt wird, gilt dies nicht.
J wie Jungwähler:
Die Altersgruppe der 18 bis 29-Jährigen machte bei der Bundestagswahl 2013 etwa 15 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland aus. Aus der Statistik geht hervor, dass junge Wähle unterdurchschnittlich oft wählen gehen. Während die Wahlbeteiligung der Erstwähler 2013 bei knapp über 64 Prozent lag, erreichte die Altersgruppe der 21- bis 24-Jährigen erneut den niedrigsten Wert. Mit knapp über 60 Prozent lag er über 12 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Wahlbeteiligung. Die Erstwähler entschieden sich 2013 über zu 30 Prozent für die CDU, zu 24 Prozent für die SPD, zu 12 Prozent für die Grünen. Sieben Prozent wählten die Linken und nur vier die FDP.
K wie Konstitutierende Sitzung:
Innerhalb von 30 Tagen muss ein neu gewählter Bundestag erstmals zusammentreten. Der älteste anwesende Abgeordnete leitet die Sitzung und die Wahl des Bundestagspräsidenten. Zu Beginn hält der sogenannte Alterspräsident eine kurze Rede.
L wie Legislaturperiode:
Die auch Wahlperiode genannte Amtszeit des Bundestages beginnt mit seiner ersten Zusammenkunft und endet mit der Konstituierung des nachfolgenden Parlaments. Generell dauert sie vier Jahre, es sei denn der Bundestag wird vorzeitig aufgelöst.
M wie Mandat:
Es ist frei, die Abgeordneten sind "Vertreter des ganzen Volkes" und "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen", sagt das Grundgesetz. Gleichwohl gibt es manchmal Druck – besonders die Erwartung der Fraktionsführung, dass sich ihre Abgeordneten an Vorentscheidungen halten.
N wie Nichtwähler:
2013 gab es im Vergleich zu 2009 etwas weniger Nichtwähler, sie blieben trotzdem die eigentlichen Wahlsieger, 28,5 Prozent der Wähler blieben zu Hause. Rechnet man sie in das Wahlergebnis ein, dann unterstützten nur 29,7 Prozent die CDU (und nicht etwa 41,5). Es gibt keine Wahlpflicht; selbst wenn 99 Prozent der Wahlberechtigten zu Hause blieben, wäre das Ergebnis gültig.
O wie Opposition:
Die nicht an der Regierung beteiligten Parteien bilden das Gegengewicht zur Bundestagsmehrheit. In Zeiten der Großen Koalition ist die Opposition jedoch ziemlich geschrumpft. Mit einem Wahlergebnis von 8,6 Prozent der abgegeben Stimmen wurde die Linkspartei knapp vor den Grünen (8,4 Prozent) Oppositionsführerin. Die FDP erreichte mit 4,8 Prozent nicht die Fünf-Prozent-Hürde.
P wie Passives Wahlrecht:
Wer Deutscher und mindestens 18 Jahre alt ist, darf für den Bundestag kandidieren und sich wählen lassen. Wer aber etwa schwere Straftaten begangen hat, verliert dieses Recht.
Q wie Qualifizierte Mehrheit:
Wer Kanzlerin oder Kanzler werden will, braucht zunächst die Unterstützung von 50 Prozent aller gewählten Abgeordneten plus eine Stimme. 2013 wurde Angela Merkel (CDU) mit 462 Stimmen gewählt, 150 stimmten gegen sie, neun Parlamentarier enthielten sich. Von 631 Bundestagsabgeordneten gaben 621 ihre Stimme ab. Nur mit einer qualifizierten Zweidrittel-Mehrheit kann das Grundgesetz geändert werden. Für die meisten Beschlüsse genügt die einfache Mehrheit der anwesenden Abgeordneten.
R wie Reichstag:
Oft verkürzte Bezeichnung für das Gebäude am Platz der Republik in Berlin, in dem der Deutsche Bundestag seit 1999 tagt. Wahrzeichen des Reichstags ist die verglaste begehbare Kuppel über dem Plenarsaal. Im Jahr nach der Wiedervereinigung hatte das Parlament beschlossen, von Bonn nach Berlin umzuziehen.
S wie Sitzverteilung:
2013 werden die Sitze auf neuer gesetzlicher Grundlage verteilt, die den Wählerwillen besser abbilden soll. Die Direktmandate mit Erststimmen gehen weiterhin an den siegreichen Kandidaten, die Zweitstimmen werden proportional auf die Länder und Parteien verteilt. Durch ein gutes Erststimmenergebnis entstandene Überhangmandate einer Partei werden durch Ausgleichsmandate für andere kompensiert. So könnte das Parlament deutlich größer werden.
T wie TV-Duell:
Martin Schulz und Angela Merkel werden am 3. September 2017 in einem TV-Duell gegeneinander antreten. Das wäre genau drei Wochen vor der Wahl am 24. September. Vier Sender übertragen das Streitgespräch (ARD, ZDF, ProSieben, Sat1). Sogenannte Kanzlerduelle gibt es seit 2002.
Ü wie Überhangmandat: Es entsteht, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt als ihr prozentual Sitze nach Zweitstimmen zustehen. Bei der Wahl 2013 gab es erstmals Ausgleichsmandate, die diese Überhänge neutralisieren.
V wie Verhältniswahl:
Dabei erhält eine Partei so viele Sitze, wie es ihrem Anteil an gültigen Zweitstimmen entspricht. Berechnet wird dies nach einem mathematischen Proporzverfahren. Es werden allerdings nur Parteien berücksichtigt, die über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen sind. Das Verhältniswahlsystem wird ergänzt durch die Mehrheitswahl per Erststimme in den Wahlkreisen.
W wie Wahlleiter:
Chefkoordinator der Bundestagswahl ist der Bundeswahlleiter. Er sorgt, zusammen mit Kollegen auf Landes- und Kreisebene, für den reibungslosen Ablauf und klärt auch Fragen im Vorfeld – etwa, ob eine Partei zugelassen wird. Alle vier Jahre tritt er in der Wahlnacht vor die Fernsehkameras und verkündet das vorläufige amtliche Endergebnis. Seine eigentliche Tätigkeit ist die Leitung des Statistischen Bundesamtes.
Z wie Zweitstimme:
Sie ist eindeutig wichtiger als die Erststimme. Mit der Zweitstimme entscheiden die Wähler über die Zusammensetzung des Bundestages. Während sie mit der Erststimme einen Direktkandidaten wählen, können sie mit der Zweitstimme eine Liste wählen. Im Ergebnis werden dabei Direktmandate und Listenmandate miteinander verrechnet.