Neuss - der Himmel für Schützen
Die Welt zu Gast bei Schützenfreunden: Am Sonntag gab es Sonne satt, einen Strahlemann als König, einen Chinese mit Altbierglas und 7703 glückliche Marschierer beim Neusser Schützenfest. mehr
Das Neusser Bürger-Schützenfest ist ein großes Volksfest mit Kirmes, das jedes Jahr in der Stadt Neuss am Rhein stattfindet. Es gilt als eines der größten Schützenfeste im Lande, bei dem ausschließlich Mitglieder eines Vereins bei den Festzügen mitmarschieren. In diesem Jahr sind knapp 7700 Schützen und Musiker angemeldet. Traditionell wird es stets am Wochenende um den letzten Sonntag im August ausgerichtet.
Die Anfänge des Neusser Schützenfestes liegen mehr als sechs Jahrhunderte zurück: Wer im Mittelalter Bürgerrechte erhielt, war zur Verteidigung der Stadt – notfalls auch mit der Waffe – verpflichtet. Bereits 1415 bildete sich in Neuss eine Bruderschaft zum heiligen Sebastianus. Auf diese Gründung, deren Urkunde im Neusser Stadtarchiv aufbewahrt wird, beruft sich die Gesellschaft der Neusser Scheibenschützen von heute. Das Schützenfest in seiner heutigen Form geht auf das Jahr 1823 zurück: Nach dem Ende der französischen Besatzung unter Napoleon veranstaltete die Neusser Junggesellen-Sodalität ein Vogelschießen samt Festzug im Rahmen der Bartholomäus-Kirmes (Patronatstag am 24.August) - das Neusser Bürger-Schützenfest war aus der Taufe gehoben. Beim ersten Umzug, an dem 100 Marschierer teilnahmen, waren bereits Grenadiere und Jäger dabei. 2017 findet das Neusser Schützenfest vom 26. bis 29. August statt, die Kirmes wird bereits am 25. August eröffnet.
Nicht immer in seiner langjährigen Geschichte konnte das Fest auch gefeiert werden: Während des Ersten Weltkriegs fiel das Fest aus. Erst 1920 gab es einen Neuanfang; 1931 erzwingt die wirtschaftliche Not eine Schützenfestpause. Ab 1933 versuchen die Nationalsozialisten, Einfluss auf das Schützenwesen zu gewinnen. Robert Lonnes erringt 1938 die Königswürde und behält sie zehn Jahre. 1939 wird das Fest nur am Sonntag gefeiert; am 1. September beginnt mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Erst im Jahr 1949 fand dann wieder das Neusser Bürger-Schützenfest in gewohnter Ausprägung statt, nachdem es 1947 und 1948 kleinere Feierlichkeiten mit Umzügen der Chargierten gegeben hatte.
Aufmärsche und Umzüge des Schützenfestes sind ein Zuschauermagnet; darunter der Fackelzug am Samstagabend, die Königsparade am Sonntagmittag, die Festumzüge, die Bälle am Sonntag- und Montagabend, das Königsschießen am Dienstag und die große Kirmes, die parallel zum Fest stattfindet. Insgesamt erwarten die Neusser mehr als eine Million Besucher am letzten August-Wochenende.
Stimmungsvoll wird es zum Beispiel beim großen Fackelzug am Samstagabend. Ein besonderes Schauspiel ist die große Königsparade vor vollbesetzten Tribünen am dem Markt. Ein Spektakel, das Jahr für Jahr live vom WDR-Fernsehen übertragen wird. Prachtvoll ist der Festzug am Sonntagnachmittag. Montags finden die großen Biwaks der Schützen statt, ehe das Regiment am Nachmittag wieder durch die Straßen zieht. Spannend wird es dann am Dienstag: Dann wird der neue Schützenkönig durch das Schießen auf einen Holzvogel ermittelt. Im Jahr 2015 war Gerd Phillip Sassenrath aus dem Schützenlustzug „Frischlinge“ der erfolgreiche Schütze. Er „regiert“ als Seine Majestät Gerd Philipp I. bis am Dienstag, 30. August 2016. Dann wird ab 18.15 Uhr auf der Festwiese im Innenraum der Galopprennbahn sein Nachfolger „ausgeschossen“. Rund 10.000 Zuschauer verfolgen mit Spannung das Vogelschießen „auf der Wiese“.
Der Neusser Bürger-Schützen-Verein als Ausrichter des Schützenfestes hat sein Regiment in insgesamt zehn Korps, also Untergruppierungen, unterteilt. Diese können zum Teil auf eine lange Geschichte zurückblicken: So gibt es zum Beispiel „Das Neusser Grenadierkorps von 1823“ und „Das Neusser Jägerkorps von 1823“; beide Einheiten standen also Pate bei der Gründung des Neusser Bürger-Schützen-Vereins. Die Korps haben unterschiedliche Mitgliederzahlen, die inzwischen zum Teil die Marke von 1500 aktiven Schützen übertreffen. Doch es gibt auch kleinere Korps, das kleinste bilden 20 Sappeure, die als „Pioniere“ an der Spitze der Umzüge mit hoher Mütze, blauem Rock und blitzenden Äxten marschieren und den Weg für alle frei machen, die nach ihnen folgen.